Wer sich über die gesamtwirtschaftliche Lage schnell informieren möchte, fragt nach dem Bruttoinlandsprodukt. Eine Google-Abfrage mit dem Suchbegriff Bruttoinlandsprodukt führt schnell zu unzähligen Beiträgen über die wirtschaftliche Entwicklung für einen definierten Zeitraum. Das gilt nicht nur für Deutschland. Wird der Suchbegriff Bruttoinlandsprodukt mit einem speziellen Land kombiniert, so lässt sich problemlos der Wohlstand jedes Landes mit den angezeigten Nachrichten ablesen. Das BIP, wie die Abkürzung für das Bruttoinlandsprodukt lautet, hat für Ökonomen eine außerordentliche Bedeutung. Sie beschreiben damit die Wirtschaftsleistung eines Landes. Doch was bedeutet diese so wichtige Kennzahl im Detail? Wie errechnet sich das BIP und wie erklärt sich seine erhebliche Bedeutung?
Bruttoinlandsprodukt (BIP): Definition und Erklärung
Das BIP ist eine volkswirtschaftliche Kennzahl, mit der die Wirtschaftskraft eines Landes für einen bestimmten Zeitraum dargestellt wird. Diese beinhaltet den Wert aller Güter, die innerhalb nationaler Landesgrenzen in dem dargestellten Zeitraum produziert werden und für den Endverbrauch geplant sind. Darin enthalten sind nicht die Güter, welche zur Herstellung weiterer Waren verwendet werden (sogenannte Halbfertigprodukte).
Das Bruttoinlandsprodukt ist der Ausdruck von Wirtschaftswachstum eines Landes. Demzufolge zählt es zu den bedeutendsten Kennzahlen in der gesamten Betrachtung der Wirtschaft. Eine besondere Relevanz hat das BIP auch zum Vergleich der internationalen Wirtschaftsleistungen.
Von wem wird das Bruttoinlandsprodukt erwirtschaftet?
Für die Berechnung des BIPs ist es unerheblich, ob die relevanten Güter von Inländern produziert wurden oder von Ausländern. So zählt etwa das Einkommen eines japanischen Ingenieurs, der bei einem deutschen Automobilhersteller beschäftigt ist, zum deutschen BIP. Andererseits zählen die Leistungen von Inländern im Ausland nicht zum inländischen BIP. Dazu gehört etwa das Einkommen eines deutschen Installateurs in Italien. Die Einheit, auf die sich das Bruttoinlandsprodukt bezieht, kann unterschiedlich sein. Häufig bezieht es sich auf Staaten. Es werden aber auch Daten einer ganzen Region, wie etwa die Europäische Union, für einen bestimmten Zeitraum ausgewertet.
Die Berechnung des Bruttoinlandsproduktes: Erklärung der verschiedenen Methoden
Die erhebliche Anzahl von Quellen, aus der das BIP ermittelt wird, lässt erahnen, dass die Berechnung alles andere als einfach ist. Daher beschäftigen sich jeden Tag eine beträchtliche Anzahl von Wirtschaftswissenschaftlern mit der präzisen Berechnung der Zahlen.
Folgende drei Verfahren kommen dabei zum Einsatz:
- Verteilungsrechnung oder das Ertragswertverfahren (income approach)
- Entstehungsrechnung
- Verwendungsrechnung oder der Ausgabenansatz (expenciture method)
Die Verteilungsrechnung
Maßgeblich sind bei diesem Verfahren die Einkommen. Dazu werden die Einnahmen aus allen Einkunftsarten addiert. Dies sind alle Gewinne von Unternehmen, die Einkünfte aus Vermögen sowie alle Einkommen der Arbeitnehmer. Die auf diese Art festgestellte Summe, welche auch als Volkseinkommen bezeichnet wird, ist die Grundlage zur Ermittlung des BIPs. Subventionen bleiben bei dieser Berechnung unberücksichtigt.
Entstehungsrechnung
Die Bereiche in der Wirtschaft, wo Werte entstehen, führen bei dieser Methode zur Ermittlung des BIPs. Dies ist etwa das produzierende Gewerbe, wo die entstandenen Werte erfasst werden. Ebenso zählen Handel, Dienstleistung oder die Landwirtschaft dazu.
Grundlage für die Feststellung sind die Produktionswerte. Ähnlich wie bei der Ermittlung der Umsatzsteuer-Zahllast werden die Vorleistungen abgezogen. Das ergibt im Ergebnis die sogenannte Bruttowertschöpfung. Die Summe erhöht um die Steuer und vermindert um Subventionen ergibt dann das BIP.
Verwendungsrechnung
Das Berechnungsverfahren, welches in den meisten Berechnungen angewandt wird, ist das Verwendungsverfahren. Die Grundlage zur Ermittlung des BIPs bilden die Ausgaben. Das sind alle Ausgaben für Konsumgüter und Geldanlagen. Auch staatliche Ausgaben gehören dazu. Die Exporte aller Güter vermindert um die Importe (die Handelsbilanz) werden ebenfalls in die Berechnung des BIPs aufgenommen.
Nicht zu verwechseln: Bruttoinlandsprodukt und Bruttosozialprodukt
Der Begriff Bruttosozialprodukt gilt allgemein als Inbegriff von Arbeitsleistung. Das wurde auf besondere Weise stimuliert durch den Hit der Band Geier Sturzflug: „Wir steigern das Bruttosozialprodukt“.
Der korrekte Begriff ist heute Bruttonationaleinkommen (BNE) und damit sind alle Einkommen der Deutschen gemeint, die innerhalb eines Jahres erzielt werden. Wichtig für die Berechnung: Es zählen ausschließlich die Einkommen der volkswirtschaftlich als „Inländer“ bezeichneten Personen. Als solcher gilt nur, wer seinen ersten Wohnsitz in Deutschland hat. Dies bedeutet auf der anderen Seite, dass die in Deutschland arbeitenden Ausländer, bzw. deren Einkommen, nicht in die Bewertung einfließen.
Für die Berechnung des Bruttosozialprodukts ist somit der Wohnort der Arbeitnehmer ausschlaggebend. Der Ort der Entstehung der wirtschaftlichen Leistung ist nicht entscheidend.
Im Vergleich zum Bruttosozialprodukt ist das BIP regional ausgerichtet. Zur Entwicklung der deutschen Wirtschaft zählen schließlich auch Ausländer, welche in Deutschland Geschäfte betreiben. Auf der anderen Seite tragen Deutsche mit ihren Unternehmen in China nicht zum wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands bei, sondern fördern die chinesische Volkswirtschaft. Deswegen hat für die Darstellung der Wirtschaftskraft das BIP die Rolle der Kennzahl übernommen und das BNE abgelöst.
Welche Aussagekraft hat das Bruttoinlandsprodukt für die Wirtschaft eines Landes?
Das BIP beinhaltet den Wert sämtlicher umgesetzten Waren und Dienstleistungen für einen bestimmten Zeitraum. Es gilt daher als Indikator sowohl für Leistungsfähigkeit als auch Wohlstand eines Landes. Dabei ist beides an die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes gekoppelt.
Alle Bürger spüren die für das BIP verantwortlichen Faktoren. Ist die Entwicklung positiv, sinkt meistens die Arbeitslosenquote und die Löhne steigen. Auch der Aktienmarkt registriert Veränderungen des Bruttoinlandsproduktes. Sinkt das BIP, so deutet dies auf geringere Unternehmensgewinne hin. In der Folge fallen die Aktienkurse. Diese steigen wiederum oft analog zum BIP, da die Wirtschaftskraft wächst.
Als wesentliche Kennzahl der Wirtschaftskraft dient das BIP ebenso dem Ländervergleich. Ferner drückt das Verhältnis von Staatsausgaben zum BIP Prioritäten eines Landes aus. In Deutschland werden beispielsweise fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Bildung ausgegeben, womit die Deutschen im Vergleich hinter Schweden, Dänemark sowie Norwegen liegen. Auch für die in den NATO-Beschlüssen festgelegten Militärausgaben wurde das BIP als Referenzgröße festgelegt: Die Mitgliedsländer sollen zwei Prozent des BIPs aufbringen.
Das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland
Die Wirtschaftskraft Deutschlands drückt sich unter anderem in einer langfristigen Steigerung des Bruttoinlandsproduktes aus. Lediglich 2009 und 2020 gab es in der langfristigen Betrachtung einen Einbruch im Vergleich zum Vorjahr. Dafür waren 2009 die Finanzkrise und 2020 die Pandemie verantwortlich.
Markante Eckdaten zeigen die Entwicklung des BIPs in Deutschland:
- Bruttoinlandsprodukt 1963: 195,5 Milliarden Euro
- Bruttoinlandsprodukt 2020: 3.336,18 Milliarden Euro
- Weltweites Ranking BIP: Platz vier (nach USA, China und Japan)
Der Begriff Wohlstand ist eine relative Größe. Um den Wohlstand der einzelnen Bürger zu erkennen, bietet das BIP je Einwohner ein realistischeres Bild. Deutschland liegt bei dieser Kennzahl mit etwa 40.100 Euro auf Platz 18 der weltweiten Rangliste.
Auf ein pro Kopf BIP von etwa 62.000 Euro bringen es die Bürger von Katar und dies bei einem BIP von lediglich rund 150 Milliarden Euro. Im Ranking sind neun EU-Länder unter den 20 Ländern mit dem weltweit höchsten pro Kopf Bruttoinlandsprodukt vertreten.