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Das Kontrahentenrisiko (englisch Counterparty Risk), auch als Gegenparteirisiko bekannt, bezieht sich auf das Risiko, dass eine Partei einer Finanztransaktion ihre Verpflichtungen nicht erfüllt. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein Handelspartner Konkurs anmelden muss oder aus anderen Gründen nicht in der Lage ist, seine Außenstände zu begleichen. Es kann in verschiedenen Finanzgeschäften auftreten, darunter Derivate, Anleihen und Kredite.

Wenn eine der beteiligten Parteien die vertraglichen Verpflichtungen nicht einhält, kann dies erhebliche finanzielle Verluste verursachen. In der Praxis betrifft dies oft Verträge wie Swaps, Futures und andere Finanzinstrumente, bei denen die Erfüllung der Zahlungspflichten entscheidend ist. Besonders kritisch wird das Kontrahentenrisiko, wenn keine Sicherheiten gestellt sind.

Ein Investor muss somit bei jeder Investition das Kontrahentenrisiko in seine Anlageentscheidung einbeziehen. Er muss also das Risiko beurteilen, dass seine Gegenpartei bei der Transaktion gegebenenfalls nicht in der Lage ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen. Schließlich könnte es dazu führen, dass der Investor einen Verlust erleidet, auch wenn der Markt sich in die von ihm erwartete Richtung bewegt. 

Das Kontrahentenrisiko ist beim OTC-Handel (Over-the-Counter) besonders hoch, da es dabei keine zentrale Clearingstelle gibt, die das Risiko absichert. Bei Anleihen stehen Anlegern zur Einschätzung des Kontrahentenrisikos oft Ratings der Ratingagenturen (beispielsweise Standard and Poor’s oder Moody’s) zur Verfügung.

Key Facts zum Kontrahentenrisiko:

  • Risiko, dass ein Finanzpartner vertragliche Verpflichtungen nicht einhält, etwa durch Insolvenz
  • Besonders riskant im OTC-Handel, da keine zentrale Sicherungsstelle existiert
  • Verlustrisiko bei Derivaten, Anleihen und CFD-Handel, wenn die Gegenpartei ausfällt
  • Minimierung des Risikos durch Partnerprüfung, Portfolio-Diversifikation und Clearingstellen

Was ist ein Beispiel für ein Kontrahentenrisiko?

Ein herausragendes Beispiel ist die Überweisung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Zuge eines Devisentermingeschäfts über 320 Millionen Euro. Die KfW überwies am 15. September 2008 diesen Betrag an die US-Bank Lehman Brothers

Durch Lücken im Risikomanagement war der KfW entgangen, dass die US-Bank kurz zuvor zahlungsunfähig geworden war. Daher erhielt die KfW seitens Lehman Brothers keine Gegenleistung mehr. Ebenso wurden Anleihen von Lehman wertlos, die Anleger gezeichnet hatten, da das Institut keine Zahlungen mehr leistete.

Das Beispiel zeigt, dass nicht nur private Anleger, sondern auch professionelle Händler Kontrahentenrisiken eingehen und Verluste einkalkulieren müssen.

Emittentenrisiko vs. Adressenausfallrisiko

Für Trader ist es essenziell, sowohl das Emittentenrisiko als auch das Adressenausfallrisiko sorgfältig zu prüfen und geeignete Maßnahmen zur Risikominderung zu ergreifen. 

  • Emittentenrisiko: Hierbei handelt es sich um das Risiko, dass der Emittent eines Wertpapiers, etwa einer Anleihe, seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Dies betrifft insbesondere die Zahlung von Zinsen und die Rückzahlung des Kapitals. Das Emittentenrisiko ist eng mit der Kreditwürdigkeit des Emittenten verknüpft. Ein typisches Beispiel ist das Ausfallrisiko bei Unternehmensanleihen.
  • Adressenausfallrisiko: Dieses Risiko betrifft alle Arten von Finanztransaktionen, bei denen eine Partei die Vertragserfüllung nicht leisten kann. Es umfasst Situationen wie den Ausfall einer Bank bei einem Kreditgeschäft oder den Ausfall eines Derivatekontrahenten. Dabei spielt die Bonität des Vertragspartners eine entscheidende Rolle.

Welche Kontrahentenrisiken existieren im Trading?

Im Trading gibt es verschiedene Kontrahentenrisiken, die je nach den spezifischen Umständen und den gehandelten Finanzinstrumenten variieren.  Einige der häufigsten Kontrahentenrisiken im Trading sind:

Broker-Risiko / CFD-Risiko

Ein CFD ist ein Finanzderivat, mit dem Anleger auf Preisbewegungen eines Basiswerts spekulieren, ohne den Basiswert tatsächlich zu besitzen. Beispielsweise gehören beim Aktienhandel dem Anleger die Aktien als reales Wertpapier. Diese bleiben auch bei einer Pleite des Brokers in seinem Besitz. Die Gegenpartei in einem CFD-Geschäft ist hingegen in der Regel der CFD-Anbieter selbst. Eines der Hauptkontrahentenrisiken im CFD-Handel ist somit das Risiko eines Ausfalls des CFD-Brokers. Wenn der Broker insolvent wird, könnte der Investor seinen gesamten investierten Betrag verlieren. 

Gegenparteirisiko bei OTC-Derivaten

Bei Over-the-Counter Derivaten, welche direkt zwischen den Parteien gehandelt werden, besteht ein erhöhtes Risiko, dass eine Partei ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllen kann. Dies kann besonders bei komplexen Derivaten wie etwa Swaps oder Optionen zu erheblichen Verlusten führen. 

Kontrahentenrisiko im Devisenhandel

Im Devisenhandel besteht das Risiko, dass eine der Parteien die Währung nicht liefern kann oder will, was ebenso zu Verlusten führen kann. Dies ist besonders relevant bei Termingeschäften im Devisenmarkt. 

Adressenausfallrisiko bei Kreditderivaten

Der Handel mit Kreditderivaten beinhaltet das Risiko, dass der Schuldner eines Kredits seine Verpflichtungen nicht erfüllen kann. Dieses Risiko kann durch den Ausfall von Unternehmen oder Staaten ausgelöst werden, was zu entsprechenden Verlusten für den Trader führt.

Anleihen

Hierbei ergeben sich Risiken, wenn der Emittent nicht in der Lage ist, Zinsen oder das Kapital zurückzuzahlen. Besonders hoch ist dieses Risiko bei sogenannten Junk Bonds, also Anleihen mit einer niedrigen Bonität. 

Messung und Bewertung – Bedeutung der Ratingagenturen

Ratingagenturen wie Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch Ratings bewerten die Kreditwürdigkeit von Unternehmen und Staaten. Diese Bewertungen geben Aufschluss über das Bonitätsrisiko und helfen bei der Einschätzung des Kontrahentenrisikos.

Die Ratingagenturen analysieren dazu Finanzdaten, Markttrends und wirtschaftliche Indikatoren. Ihre Berichte beeinflussen die Kreditkonditionen und Zinsen, die einem Unternehmen angeboten werden. Unternehmen und Investoren nutzen diese Ratings, um fundierte Entscheidungen zu treffen.

Finanzkrisen und Kontrahentenrisiko

Während der Finanzkrise von 2008 wurde klar, wie vernetzt die Finanzmärkte sind und wie schnell sich das Risiko ausbreiten kann. Der Zusammenbruch eines großen Akteurs wie Lehman Brothers hatte weitreichende Folgen und löste eine Kettenreaktion in den globalen Finanzmärkten aus. Der Zusammenbruch führte dazu, dass viele Derivatkontrakte nicht erfüllt wurden. Lehman Brothers war tief in zahlreichen Derivatgeschäften verwickelt. 

Der Zusammenbruch der Bank hat gezeigt, wie gravierend die Auswirkungen von Kontrahentenrisiken sein können. Banken und Finanzinstitute mussten erhebliche Verluste hinnehmen, da sie sich auf die Erfüllung dieser Kontrakte verlassen hatten.

Solche Krisen sind oft von einem Vertrauensverlust geprägt. Anleger ziehen ihr Kapital ab und es kommt zu einem Liquiditätsengpass. Dies verstärkt das Kontrahentenrisiko, da die Kreditwürdigkeit vieler Teilnehmer infrage gestellt wird. 

Ein weiteres Beispiel ist die Euro-Schuldenkrise, bei der mehrere Länder Schwierigkeiten hatten, ihre Schulden zu bedienen, was das Vertrauen der Märkte erheblich erschütterte.

Rechtliche und regulatorische Maßnahmen

Rechtliche Rahmenbedingungen sollen die Auswirkungen von Kontrahentenrisiken mindern sowie Gläubiger schützen. 

Insolvenzverfahren

Wenn eine Partei insolvent wird, greifen spezielle gesetzliche Regelungen, um die Ansprüche der Gläubiger zu schützen. Gläubiger haben unterschiedliche Prioritäten, wobei gesicherte Forderungen oft bevorzugt behandelt werden.

Vorher festgelegte Prozesse ermöglichen es den Gläubigern, rechtliche Ansprüche bei der Liquidation der Vermögenswerte geltend zu machen. Es ist wichtig, dass Gläubiger ihre Ansprüche zeitnah einreichen, um nicht benachteiligt zu werden.

Regulierung

Regulierungen der Finanzmärkte tragen maßgeblich zur Reduzierung des Kontrahentenrisikos bei. Banken dürfen gemäß EU-Recht interne Modelle zur Berechnung des Gegenparteiausfallrisikos nutzen, sofern diese Modelle den regulatorischen Anforderungen entsprechen. Diese Vorschriften verbessern die Präzision bei der Bewertung von Risiken.

Europäische Bankenaufsicht Logo

Die Europäische Bankenaufsicht hat verschiedene Methoden eingeführt, um das Risiko zu minimieren. Diese Methoden bestimmen, wie Banken ihre Risiken kalkulieren und mindern sollen. Ferner fordert die Europäische Zentralbank die regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung der internen Risikomanagement-Strategien durch die Institute. So sollen die neuesten Marktentwicklungen und regulatorischen Anforderungen berücksichtigt werden.

Regulatorische Rahmenbedingungen sind somit entscheidend für ein stabiles Finanzsystem und die Reduktion von Risiken in Finanztransaktionen.

Wie Anleger sich gegen Kontrahentenrisiken schützen

Anleger sollten verschiedene Strategien und Maßnahmen implementieren, um das Kontrahentenrisiko zu minimieren.  Nachstehend einige Schlüsselstrategien:

  • Auswahl vertrauenswürdiger Kontrahenten: Zunächst ist es wichtig, die Bonität und Zuverlässigkeit der Gegenpartei zu prüfen. Dies kann durch Recherche, Ratings und der Überprüfung der finanziellen Stabilität, Reputation und Handelspraktiken der Gegenpartei erfolgen. Dies gilt gleichermaßen für die Auswahl des Brokers, insbesondere beim CFD-Handel.
  • Diversifikation des Portfolios: Durch die Verteilung von Investitionen auf verschiedene Anlagen oder Finanzinstrumente unterschiedlicher Emittenten reduzieren Anleger das Kontrahentenrisiko. Ein breit diversifiziertes Portfolio reduziert die Auswirkungen, falls eine Gegenpartei ihren Verpflichtungen nicht nachkommt.
  • Verwendung von Clearingstellen: In einigen Märkten und Handelsplattformen werden Clearinghäuser verwendet, um das Kontrahentenrisiko zu minimieren. Diese fungieren als zentrale Gegenpartei und gewährleisten die Erfüllung von Verträgen. 
  • Verwendung von standardisierten Verträgen und Derivaten: Die Verwendung standardisierter Verträge und Derivate kann das Kontrahentenrisiko reduzieren. Diese Instrumente haben klare Bedingungen und Mechanismen für die Erfüllung von Verpflichtungen.
  • Aktive Überwachung und Anpassung der Positionen: Regelmäßige Überwachung der Handelspositionen und Anpassung der Strategien, basierend auf sich ändernden Marktbedingungen und Risikofaktoren, tragen dazu bei, das Kontrahentenrisiko zu minimieren. So erkennen Anleger gegebenenfalls schneller ein erhöhtes Risiko bei ihrem Kontrahenten.

Fazit

Das Bewusstsein für Kontrahentenrisiken und die Implementierung geeigneter Risikomanagementstrategien sind für Trader existenziell. Die Kombination verschiedener Maßnahmen, wie detaillierte Recherche, Diversifikation, Verwendung von Clearinghäusern und Auswahl des Brokers, tragen dazu bei, Kontrahentenrisiken zu reduzieren.  Ferner sollten Anleger ihre persönlichen Risikotoleranzen ebenso bei der Beurteilung der Kontrahentenrisiken berücksichtigen.

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