Durch die Publizitätspflicht sind Unternehmen dazu verpflichtet, die Öffentlichkeit über ihre wirtschaftliche Situation und eventuelle Veränderungen hinzuweisen.
Wissenswert:
- Aktiengesellschaften sind durch das sogenannte Publizitätsgesetz dazu verpflichtet, ihre Jahresabschlüsse plus einen Lagebericht zu veröffentlichen. Darüber hinaus sind sie dazu verpflichtet, kursrelevante Tatsachen sofort zu melden – Stichwort: Ad-hoc-Publizität.
- Sobald Unternehmen im Prime Standard gelistet sind, müssen sie weitere Publizitätsanforderungen erfüllen. Dazu gehört nicht nur das regelmäßige Veröffentlichen des Jahresberichts und der Quartalsberichte, sondern auch, dass die Ad-hoc-Mitteilungen in englischer Sprache zu veröffentlichen sind. Zudem muss das Unternehmen mindestens einmal jährlich eine Analystenkonferenz halten.
Die Publizitätspflicht in Deutschland
Ende 2007 wurde die Publizitätspflicht erweitert. Dadurch sind mehr als ein Drittel mehr Unternehmen betroffen als vorher. Der Jahresabschluss muss mit Bestätigungsvermerk spätestens ein Jahr nach Beendigung des Geschäftsjahres im Unternehmensregister veröffentlicht werden.
Welche Rechtsformen unterliegen der Publizitätspflicht?
Von der Publizitätspflicht sind Unternehmen verschiedenster Rechtsformen betroffen, wie z. B.
- Firmen, die laut § 1 Publizitätsgesetz eine bestimmte Größe überschreiten.
- Laut § 325 HGB alle Kapitalgesellschaften.
- Personenhandelsgesellschaften, bei denen es keinen persönlich haftenden Gesellschafter gibt, wie das z. B. bei einer GmbH & Co. KG der Fall sein kann.
Achtung: Laut § 11 Publizitätsgesetz muss ein Unternehmen, das von der Publizitätspflicht betroffen ist, auch für das Unternehmen einen Konzernabschluss veröffentlichen, auf das es mittelbaren oder unmittelbaren Einfluss hat.
Publizitätspflicht – Wissenswertes
Wie weit die Offen- und Rechnungslegungspflichten gehen, hängt von der Größe der Kapitalgesellschaft ab. Mittelgroßen und kleinen Kapitalgesellschaften werden folgende Erleichterungen zugestanden:
- Laut §§ 276 f HGB (Handelsgesetzbuch) muss das Rohergebnis bei der GuV (Gewinn-und-Verlust-Rechnung) nicht aufgegliedert werden.
- Für die Offenlegung kann der Jahresabschluss verkürzt werden.
- Im Anhang ist keine Aufgliederung der Geschäftstätigkeit anhand der Absatzmärkte notwendig.
Kleinere bzw. Kleinstkapitalgesellschaften dürfen sich noch über weitere Erleichterungen freuen:
- Einige Posten der Bilanz können zusammengefasst werden. Welche das sind, kann im §§ 266 f. HGB nachgelesen werden.
- Kleinere bzw. Kleinstkapitalgesellschaften sind nicht zur Offenlegung ihrer GuV verpflichtet, wodurch auch die Angaben im Anhang entfallen (§§ 326 f. HGB). Zudem kann der Anhang laut §§ 288 f. HGB erheblich verkürzt werden.
- Nach §§ 264 ff. HGB muss kein Lagebericht mehr erstellt werden usw.
Gegen die Publizitätspflicht: die Folgen
Firmen, die nicht innerhalb der vom Gesetzgeber vorgegebenen Frist der Publikationspflicht nachkommen, müssen damit rechnen, dass gegen sie vom Bundesamt für Justiz ein Ordnungsgeldverfahren nach § 335 HGB eröffnet wird. Vorher wird die Kapitalgesellschaft allerdings per Androhungsverfügung eindringlich aufgefordert, die Veröffentlichung innerhalb der nächsten sechs Wochen nachzuholen.
Wissenswert:
- Eine derartige Androhungsverfügung ist mit Kosten von 103,50 Euro verbunden. Kommt das Unternehmen der Verfügung nicht nach, ohne Entschuldigungsgründe zu liefern, wird ein Ordnungsgeld festgesetzt. Wie hoch das Ordnungsgeld ausfällt, hängt davon ab, wie groß die Gesellschaft ist und welche Art Veröffentlichung verschlafen wurde. Es ist aber mit mindestens 500,- € Ordnungsgeld zu rechnen.
- Die Publizitätspflichten von börsennotierten Kapitalgesellschaften sind noch strenger, denn hier haben Unternehmen für die Offenlegung nur eine Frist von 4 Monaten (§ 325 Abs. 4 HGB). Kommt die Kapitalgesellschaft der Pflicht nicht nach, kann der Handel mit deren Aktien ausgesetzt werden. Zudem dürfen natürlich auch die kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten nicht vernachlässigt werden, wie z. B. die Ad-hoc-Publizität.
- Im Publizitätsgesetz ist außerdem die Publizitätspflichten der Unternehmen geregelt, die zwar keine Kapitalgesellschaft sind, aber trotzdem eine Verpflichtung zur Offenlegung ihres Jahresabschlusses haben, wie z. B. Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften mit mehr als 5000 Arbeitnehmer, einen Umsatzerlös von 130 Mio. Euro oder einer Bilanzsumme von über 65 Mio.
Publizitätspflichten aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen
Neben gesetzlichen Publizitätspflichten können Börsenbetreiber mit Emittenten auch privatrechtliche Regelungen treffen, wie das z. B. beim Prime Standard der Fall ist.
Funfact: Damals weigerte sich die Porsche AG, den Publizitätspflichten des Prime Standards aufgrund der sehr hohen Kosten nachzukommen, wodurch das Unternehmen aus dem Segment ausgeschlossen wurde.